Wenn das Flugzeug sich selbst in die Wartung schickt
Ungeplant stehende Maschinen und Anlagen kosten Geld! Sehr viel Geld. Ein Flugzeug beispielsweise, welches aufgrund von technischen Problemen am Boden bleiben muss, verursacht nicht nur direkte, sondern vor allem auch hohe indirekte Kosten. Andere Flüge müssen verschoben werden, Passagiere oder Frachtgut muss umdisponiert werden, Anschlussverbindungen müssen neu zusammengestellt werden. Ganze Abteilungen beschäftigen sich heute ausschließlich damit, die Folgen solcher Ausfälle möglichst klein zu halten. Dennoch sind die Kosten aufgrund von Maschinenausfällen enorm.
Predictive Maintenance – vorausschauende Wartung – heißt das neue Wartungskonzept, welches die alte, analoge Industriewelt in eine vernetzte, digitale Zukunft führen soll. Die Grundidee von Predicitve Maintenance ist dabei schnell erklärt: Ein Wartungsvorgang wird nicht „planmäßig“ durchgeführt, sondern genau dann, wenn er notwendig ist, um einen Ausfall zu vermeiden. Wann dieser Zeitpunkt genau gekommen ist, „berechnen“ intelligente Algorithmen oder KIs, aufgrund von unzähligen Sensor-Messungen während des normalen Betriebs.
Geplante Wartung nach Laufleistung oder nach Zeitplan
Um ungeplante Ausfälle möglichst zu minimieren, werden auch heute noch vielfach Checks und Inspektionen nach Zeitplan oder Laufleistung durchgeführt. D.h.: Die Anlage (z.B. das Flugzeug) wird nach einer bestimmten Zahl von Flugstunden “turnusmäßig” komplett auseinandergenommen und auf Herz und Nieren geprüft. Besonders anfällige oder sicherheitsrelevante Komponenten werden dabei häufiger “unter die Lupe” genommen. Vorteil: Die Wartung kann in den Betrieb langfristig eingeplant werden. Ungeplante Ausfallzeiten werden minimiert. Nachteil: Die Wartung ist insgesamt relativ aufwändig und Zeitintensiv. Es werden häufig Teile und Komponenten überprüft, die keinerlei Beanstandungen aufweisen.
Predictive Maintenance: Vorausschauende Wartung “nur bei Bedarf”
Die Idee ist schnell erklärt: Ein Wartungsvorgang wird erst dann eingeleitet, wenn er aufgrund der Auswertung von diversen Umgebungs-, Prozess- und Maschinendaten “wahrscheinlich notwendig” wird.
Das Prinzip könnte man auch mit folgendem Bild veranschaulichen: ein erfahrene Maschinist im Bauch eines Dampfschiffes “hört und fühlt” genau, wenn die Maschine nicht rund läuft. Aufgrund seiner jahrelangen Erfahrung und Intuition geht er dann sehr gezielt auf Fehlersuche, noch bevor die Maschine wirklich ausfällt.
Condition Monitoring: kontinuierliche Überwachung des technischen Zustands
Das “Hören und Fühlen” in unserem Beispiel übernehmen beim Condition Monitoring diverse, vernetzte Sensoren, welche beispielsweise Vibration, Temperatur und andere physikalische Messwerte erfassen. Die “jahrelange Erfahrung und Intuition” des Chef-Maschinisten wird im modernen industriellen IoT-Umfeld von intelligenten Algorithmen oder KIs übernommen - und zwar mit erstaunlich guten Erfolgsquoten! Mit den richtigen (aktuellen und historischen) Daten gefüttert, können Eintrittswahrscheinlichkeiten von bestimmten Ereignissen sehr gut vorhergesagt werden.
Herausforderungen bei der Einführung von Predictive Maintenance
Bei der Umsetzung von Predictive Maintenance ergeben sich drei wesentliche Herausforderungen:
- Erfassen, Digitalisierung und Übermittlung sehr großer Datenmengen
Mittels “smarten” Sensoren welche diverse physikalische Parameter wie z.B. Temperatur, Licht, Bewegung, Lage, Position, mechanische Kräfte, Druck, Radar, etc. messen, diese in einen digitalen Wert wandeln und z.B. mittels Funkverbindung wie Bluetooth, LoRa oder NB-IoT an einen Datenkonzentrator oder Cloud weiterleiten. - Speicherung, Analyse und Bewertung der erhobenen Daten
Die Speicherung und Analyse der Daten erfolgt üblicherweise in der Cloud. Je nach Anwendungsfall kann eine Zwischenspeicherung und Vorverarbeitung sowohl auf dem “smarten” Sensor als auch auf einem Datenkonzentrator von Vorteil sein. - Berechnung von Eintrittswahrscheinlichkeiten für bestimmte Ereignisse
Dies geschieht meist in der Cloud mittels ausgefeilter Algorithmen oder KI.
Entwicklung der optimalen Sensortechnik
Die große Vielfalt der beim Condition Monitoring zu erfassenden Messwerte erfordert bereits zu Beginn des Projektes eine möglichst vorausschauende Planung einer sinnvollen Sensor-Architektur. Gebraucht werden Messgeräte zur Erfassung unterschiedlichster physikalischer Größen (z.B. Temperatur, Licht, Bewegung, Lage, Position, Radar usw.).
Edge Computing: Dezentrale Daten-Vorverarbeitung
Bei der Umsetzung von Predictive Maintenance fallen schnell sehr große Datenmengen an. Der Grund: die Vorhersagen der KIs oder der Algorithmen sind umso zuverlässiger, je größer und umfassender die zugrundeliegende Datenbasis aus dem Condition Monitoring ist. Dabei werden nicht nur Sensordaten aus der Maschine selbst herangezogen. Auch Umgebungsparameter, wie z.B. Temperatur, Luftfeuchtigkeit oder Lichteinstrahlung tragen erheblich zum Gesamtbild bei. Unter diesem Aspekt gilt also klar die Devise: viel hilft viel!
Die Auswertung und Analyse der riesigen Datenmengen kann generell auf zwei Wegen erfolgen:
Entweder zentrale Datenverarbeitung: Alle erfassten “Rohdaten” sämtlicher Sensoren und Messstellen werden ungefiltert an eine zentrale Analyseeinheit (in der Cloud) übermittelt. Erst hier findet dann eine Analyse und Bewertung der Daten statt, auf deren Grundlage dann Vorhersagen von diversen Ausfallwahrscheinlichkeiten erstellt werden.
Oder dezentrale Datenverarbeitung mittels Edge Computing: Die erfassten Rohdaten werden vor der Übermittlung an die Cloud-Zentrale zunächst vor Ort mittels eines eingebauten Analyse-Devices vorverarbeitet oder gleich direkt auf einem “smarten” Sensor ausgewertet. Übermittelt werden dann nur noch zusammengefasste Daten oder sogar nur eindimensionale Zustandsinformationen (z.B. in Form eines einfachen Ampelsystems).
Die Vorteile einer dezentralen Daten-Vorverarbeitung liegen auf der Hand:
- Reduzierte Datenübertragungsvolumen
- Reduzierte Latenzen und Reaktionszeiten
- Entlastung der zentralen Rechenkapazitäten
Energiebedarf bei Predictive Maintenance
Die dauerhafte und ständige Erfassung von Sensordaten sowie deren Übertragung zu einer zentralen Cloud-Einheit wirft die Frage nach dem dazu notwendigen Energiebedarf auf. Beide Vorgänge benötigen schließlich elektrische Energie. Bei Anlagen und Devices, die an ein sicheres Stromnetz angeschlossen sind, ist diese Frage meist wenig brisant. Jedoch bei Maschinen und Anlagen, die außerhalb einer industriellen Infrastruktur oder sogar außerhalb einer externen Stromversorgung vorzufinden sind, ist die Frage dieses Energiebedarfs durchaus sehr relevant.
Die Lösung liegt hier im Einsatz von LPWAN-Technologie, also Niedrigenergie-Funksystemen, wie z.B.: LoRaWan oder Sigfox. Denkbar ist auch der Aufbau einer energieeffizienten Mobilfunkverbindung mittels NB-IoT. Eine umfassende Darstellung dieser Möglichkeiten haben wir in diesem Beitrag für Sie zusammengestellt: Industrial Internet of Things mit Hilfe von LPWAN-Technologie...
Einsatzmöglichkeiten für Predictive Maintenance
Mit den o.g. Technologien und Konzepten kann eine Überwachung (Condition Monitoring) und vorausschauende Wartung (Predictive Maintenance) zum Beispiel in folgenden Bereichen sinnvoll sein:
- Solaranlagen
- Windkraftanlagen
- Blockheizkraftwerke
- Gebäudetechnik allgemein
- Automobil, Luftfahrt, Schienenverkehr
- Alle industriellen Fertigungsanlagen
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